Am 01.08.2002 tritt das Gesetz zur Änderung des Schadensersatzrechts in Kraft. Die Änderungen, die sich auf Grund dieses Gesetzes ergeben, sind nicht nur für die Ausbildung, sondern auch für die juristische Praxis von besonderer Bedeutung.
Das Gesetz bringt vier wesentliche Änderungen, die sich am Gedanken des Opferschutzes orientieren:
Bei der Verletzung bestimmter höchstpersönlicher Rechtsgüter kann prinzipiell ohne Rücksicht auf den Haftungsgrund ein angemessenes Schmerzensgeld verlangt werden. Anspruchsgrundlage ist die allgemeine Vorschrift des § 253 II BGB, die § 847 BGB ablöst.
Die bei zahlreichen Tatbeständen der Gefährdungshaftung bestehenden Haftungshöchstbeträge werden angehoben.
Außerdem findet die Halterhaftung nach § 7 I StVG ihre Grenze grds nicht mehr im "unabwendbaren Ereignis", sondern erst in der "höheren Gewalt". Hierunter versteht man die "betriebsfremden, von aussen durch elementare Natürkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführten Ereignisse", die nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar sind und die auch durch die äusserste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden können
Im Bereich des Strassen- und Schienenverkehrs beginnt die Deliktsfähigkeit von Kindern nicht mehr mit der Vollendung des sechsten, sondern erst mit der Vollendung des zehnten Lebensjahres. Dies ist insbesondere für ein etwaiges mitwirkendes Verschulden von Bedeutung.
Kinder sind ab dem 01.08.2002 im Strassen- und Schienenverkehr erst ab der Vollendung des 10. Lebensjahres deliktsfähig. Dies trägt der verbreiteten Erkenntnis Rechnung, dass erst ab diesem Alter Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig eingeschätzt werden können. Die fehlende Deliktsfähigkeit schliesst nicht nur eine Haftung, sondern auch die Bewertung des Verhaltens als mitwirkendes Verschulden iSd § 254 aus. Da zB ein plötzliches Auf-die-Strasse-Rennen auch nicht mehr als "unabwendbares Ereignis" die Haftung eines Kraftfahrzeughalters nach § 7 II StVG ausschliessen kann, sind kindliche Unfallopfer sehr viel stärker als bisher geschützt. Bei grob unbilligen Ergebnissen kann § 829 BGB als Auffangregel eingreifen.
Die Arzneimittelhaftung nach den §§ 84 ff AMG wird dadurch verschärft, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Kausalitätsvermutung zu Lasten des Herstellers eines Medikaments eingreift. Außerdem hat der Geschädigte einen Auskunftsanspruch gegen das pharmazeutische Unternehmen sowie gegen die Aufsichtsbehörde.