Begriffsmerkmale des Verwaltungsaktes gem § 35 VwVfG

 

1 Regelung

 

Der Verwaltungsakt hat Regelungscharakter. Regelung ist eine rechtsverbindliche Anordnung, eine Willenserklärung, die auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Die Rechtsfolge besteht darin, dass Rechte und/oder Pflichten begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden.

 

Der Ausdruck Regelung ist doppeldeutig. Er bezieht sich einmal auf die Tätigkeit, den Erlass des Verwaltungsaktes, zum anderen auf das Produkt dieser Tätigkeit, den erlassenen Verwaltungsakt und damit den durch diesen herbeigeführten Rechtserfolg.

 

Mangels Regelungscharakter scheiden aus dem Verwaltungsaktsbegriff aus:

-          Die rein tatsächlichen Verwaltungshandlungen (Realakte),

-          Vorbereitungs- und Teilakte, wenn und weil sie noch keine abschließende Regelung enthalten,

-          Rechtserhebliche Willenserklärungen der Behörde, die keinen anordnenden Charakter haben.

 

2 Hoheitlich

 

Die Regelung muss hoheitlich sein. Das ist der Fall, wenn sie dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist, insbesondere wenn sie in Vollzug öffentlich-rechtlicher Vorschriften ergeht. Damit wird die Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht aktuell.

 

3 Einzelfallregelung

 

Ein weiteres Kennzeichen des Verwaltungsakts ist, daß er einen Einzelfall regelt. Dieses Begriffsmerkmal dient der Abgrenzung zur Rechtsnorm, die eine unbestimmte Zahl von Fällen und eine unbestimmte Zahl von Personen betrifft und daher eine abstrakt-generelle Regelung darstellt. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich zum einen weil der maßgebliche Bezugspunkt Einzelfall fraglich ist und zum anderen, weil es eine Reihe von Rechtsakten gibt, die nicht ohne weiteres in das Schema Verwaltungsakt – Rechtsnorm einordnen lassen.

 

Der maßgebliche Bezugspunkt.

-          Aus dem Gegensatz zur Rechtsnorm folgt, daß ein Verwaltungsakt zumindest dann vorliegt, wenn eine Regelung einen konkreten Sachverhalt betrifft und sich an eine bestimmte Person richtet (konkret-individueller Charakter).

-          Der individuelle Charakter ist auch dann noch anzunehmen, wenn sich die konkrete Regelung zwar nicht an eine Person, aber doch an einen individuell bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet.

-          Problematisch wird die Abgrenzung, wenn eine Regelung einen bestimmten Sachverhalt betrifft, sich aber an eine unbestimmte Zahl von Personen richtet, also konkret-generellen Charakter hat. Es stellt sich also die Frage, welches der Kriterien für die Abgrenzung maßgeblich sein soll, - die Individualität der Adressaten oder die Konkretheit der Regelung. Die hL in der Literatur gibt der ersten Alternative den Vorrang, wohingegen korrekterweise nach der Legaldefinition in § 35 VwVfG von der zweiten Alternative ausgegangen werden muss.

-          Ein weiteres Kriterium bildet die Geltungsdauer der Regelung. Erschöpft sie sich auf ein einmaliges Gebot oder Verbot, so kann es sich nur um einen Verwaltungsakt handeln, weil die Rechtsnorm schon wegen ihrer konditionalen Fassung auf eine gewisse Zeitdauer zielt.

 

Einordnungsprobleme. Verschiedene Rechtsakte passen nicht in die traditionelle Unterscheidung von Verwaltungsakt und Rechtsnorm. Dazu gehören unter anderen die rechtsverbindlichen Pläne, die Verkehrszeichen, die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, die Typenzulassung und die Genehmigung von Satzungen durch die Aufsichtsbehörde. Die Einordnung ist differenziert und für den Einzelfall nachzulesen, da einige als Hoheitsakte sui generis, andere als Verwaltungsakt, weitere als Rechtsnorm und wieder andere differenziert als Verwaltungsakt oder Rechtsnorm qualifiziert sind.

 

4 Behörde

 

Behörde ist gemäß §1 VwVfG „jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“. Dazu gehören neben dem staatlichen Verwaltungsapparat auch jede organisatorisch selbständige Instanz, wenn und soweit sie mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betraut ist, also auch Verfassungsorgane (Bundespräsident, Bundestag, Bundesminister), Gemeindeorgane, Ausschüsse (zB Prüfungsausschüsse). Aus der Behörde als Kreationsorgan ergibt sich, daß der Verwaltungsakt als nur von einer Behörde getroffene Maßnahme eine einseitige Regelung darstellt.

 

5 Unmittelbare Rechtswirkung nach außen

 

Verwaltungsakte sind nur solche Regelungen, die – über den verwaltungsinternen Bereich hinausgreifend – Pflichten oder Rechte für den Bürger oder Rechte für den Bürger oder sonstige außenstehende Rechtspersonen begründen. Damit wird an die Unterscheidung von Außenrecht und Innenrecht angeknüpft. Der Verwaltungsakt gehört – wie die Rechtsnorm – dem Bereich des Außenrechts an. Dies ist nur der Fall soweit die Regelung rechtlich eine Außenwirkung entfalten soll. Die alleinige Möglichkeit, sie könnte Außenwirkung entfalte reicht nicht.