Anerkenntnisurteil gem. § 307 I ZPO


  1. Anerkenntnis des Klageanspruchs durch den Beklagten

    Das Anerkenntnis ist die vom Beklagten abgegebene (einseitige) Erklärung, daß der vom Kläger geltend gemachte (streitgegenständliche) Anspruch (ganz oder teilweise) bestehe.
    Im Gegensatz zum Geständnis gem. § 288 ZPO, das nur einzelne (anspruchsbegründende, -hindernde, -vernichtende, -hemmende) Tatsachen betrifft und unstreitig macht, stellt das Anerkenntnis eine Disposition über den streitgegenständlichen Anspruch dar und beschert dem Beklagten - unabhängig von der Sach- und Rechtslage - das teilweise oder vollständige Unterliegen im Rechtsstreit.
    Wegen dieses grundlegenden Unterschieds lehnt es die hM auch ab, den § 290 ZPO, der den Widerruf des Geständnisses regelt, auf das Anerkenntnis analog anzuwenden. Der Widerruf des Anerkenntnisses ist nach hM nur möglich bei Einverständnis des Klägers oder bei Vorliegen eines Restitutionsgrundes iSd § 580 ZPO.
    Hinweis: Der Beklagte kann ein Anerkenntnis auch schon im schriftlichen Vorverfahren innerhalb der Notfrist des § 276 I 1 ZPO abgeben. Auf Antrag des Klägers, der bereits vorsorglich in der Klageschrift gestellt werden kann (§ 307 II 2 ZPO), kann dann ein Anerkenntnisurteil bereits im schriftlichen Vorverfahren ergehen, § 307 II 1 ZPO.

  2. Anerkenntnis als Prozeßhandlung wirksam

    Beim Beklagten müssen die Prozeßhandlungsvoraussetzungen, also Parteifähigkeit (§ 50 ZPO), Prozeßfähigkeit (§ 51 ZPO), Postulationsfähigkeit (§§ 78, 79 ZPO), Prozeßvollmacht bei gewillkürter Ver-tretung (§§ 80 ff ZPO) bzw Vertretungsmacht bei gesetzlicher Vertretung (zB § 126 HGB) vorliegen.
    Das Fehlen einer Prozeßhandlungsvoraussetzung führt grds zur Unwirksamkeit bzw Unzulässigkeit nur einer einzelnen Prozeßhandlung. Ist die Prozeßhandlung allerdings die Klageerhebung, dann wirkt sich das Fehlen der Prozeßhandlungsvoraussetzung hier als Fehlen einer echten Prozeßvoraussetzung bzw einer Sachurteilsvoraussetzung aus, so daß die Klage durch Prozeßurteil als unzulässig abgewiesen wird.
    Das prozessuale Anerkenntnis ist reine Prozeßhandlung und nicht zugleich auch ein materielles Schuldanerkenntnis iSd § 781 BGB (Keine Doppelnatur!).
    Die §§ 119 ff und 812 II BGB sind nicht anwendbar.

  3. Antrag des Gegners auf Verurteilung, § 307 ZPO

    Ein Problem entsteht, wenn der Kläger trotz richterlichen Hinweises keinen Antrag auf Erlaß eines Anerkenntnisurteils stellt, sondern bei seinem ursprünglichen Antrag auf Verurteilung durch normales Endurteil bleibt. Dazu kann es kommen, weil der Kläger beispielsweise durch ein richterliches Endurteil mit voller Begründetheitsprüfung eine Rechtsfrage geklärt haben will. Die Konsequenzen sind in diesem Fall umstritten.
    Nach hM ergeht in diesem Fall dennoch ein Anerkenntnisurteil, weil im "normalen" Antrag auf Sachentscheidung durch streitiges Endurteil der Antrag auf Sachentscheidung durch Anerkenntnisurteil enthalten ist bzw weil im Antrag auf Anerkenntnisurteil nur eine nicht zwingend notwendige Anpassung des ursprünglichen Sachantrags liegt.

  4. Anerkenntnis: Unbedingt, uneingeschränkt, vorbehaltlos

    Ein eingeschränktes Anerkenntnis - zB unter Aufrechnung mit einer Gegenforderung - ist kein Anerkenntnis iSv § 307 ZPO, ein Anerkenntnisurteil ist also nicht möglich. Es ist aber als ein Anerkenntnis zum Grund und als Zugeständnis des Klagevortrags zu werten, mit der Wirkung, daß der Grund des Klageanspruchs ohne Sachprüfung der Entscheidung zugrundezulegen ist;

  5. Keine Begründetheits- oder Schlüssigkeitsprüfung

    Vor Erlaß eines Anerkenntnisurteils findet grds weder eine Begründetheitsprüfung noch eine Schlüssigkeitsprüfung statt. Das Anerkenntnisurteil ergeht selbst dann, wenn unter Zugrundelegung des Klägervortrags der geltendgemachte Anspruch nach materiellem Recht gar nicht gerechtfertigt wird.
    Allerdings muß das Gericht darauf achten, daß die Parteien