Art. 4 GG – Religions-, Weltanschauungs-, und
Gewissensfreiheit
1. Schutzbereiche
a) Religions-,
und Weltanschauungsfreiheit = Glaubensfreiheit
aa) Begriff
Art. 4 I, II GG schützt den Glauben an sich. Dem Glauben liegt eine Gewissensentscheidung aufgrund einer Sinndeutung von Welt und Mensch zugrunde, aus der sich für den Gläubigen bindende Verpflichtungen ergeben, von denen er ohne Gewissensnot nicht abweichen kann.
Belanglos ist, ob sich der Glaube auf dem Boden gewisser sittlicher Grundanschauungen entwickelt hat oder dem christlichen Glauben entspricht.
Nicht geschützt wird aber die wirtschaftliche Betätigung.
bb) geschützte Bereiche; Schutzaspekte
a) Grundsatz
staatlicher Neutralität
BVerfGE 93, 1 – Kruzifix-Entscheidung
- Nicht-Einmischung Art. 137 I WRV
das bedeutet Neutralität gegenüber Zielen, Inhalten und Verfahren der Glaubensgemeinschaften
- Toleranz
insbesondere Minderheitenschutz
- Parität Art. 3 III GG
Gleichbehandlung der Glaubensgemeinschaften
b) Freiheit zur glaubensbestimmten Lebensgestaltung
Das ist die Freiheit zu glauben, zu bekennen und nach den Grundsätzen des Glaubens zu leben und zu handeln.
BVerfGE 32, 98 – Gesundbeter
g) Freiheit der Religionsausübung
BVerfGE
24, 236 – Rumpelkammer
Zur Religionsausübung gehören kultische Handlungen und religiöse Riten, sowie auch die religiöse Erziehung, freireligiöse und atheistische Feiern sowie Äußerungen des religiösen und weltanschaulichen Lebens.
d) Freiheit
der religiösen Vereinigung
Die Freiheit sich zu Religionsgemeinschaften zu vereinigen, der ein Zusammenschluss auf dem Boden der staatlichen Rechtsordnung darstellt (Art. 137 IV WRV – Rechtsfähigkeit nach dem BGB).
BVerfGE 83, 341 – Autonomie kirchlicher Vereine (Bahà i Tübingen)
e) Freiheit von einer glaubensbestimmten Lebensgestaltung (negative
Glaubensfreiheit)
BVerfGE 93, 1
– Kruzifix
b) Gewissensfreiheit
Eine Gewissensentscheidung ist jede ernste
und sittliche, dh an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte
Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend
und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt.
Problem Kriegsdienstverweigerung Art. 4 III
GG
c) personeller Schutzbereich
„Jedermann“
2. Eingriffe
Nicht jede Beeinträchtigung führt gleich zum
Eingriff, insbesondere dann, wenn die Ausübung noch möglich ist, sie also nur
geringfügig erschwert wird.
BVerfGE 99, 1 –
Schächtungsverbot
3. Schranken
a) Art. 136 III 2 WRV
speziell
für die negative Glaubensfreiheit
b) Art. 12a II GG
nur für die Gewissensfreiheit, keinen Dienst
an der Waffe zu verrichten.
c) Kollidierendes Verfassungsrecht
insbesondere die Kollision mit der
Glaubensfreiheit anderer zB in Schulen
BVerfGE 93, 1 – Kruzifix