Die Schadensersatzpflicht gemäß § 823 I BGB


  1. Anwendbarkeit des allgemeinen Deliktsrechts

    Die Ansprüche des allgemeinen Deliktsrechts der §§ 823 ff sind neben folgenden Instituten anwendbar:

  2. Die Regelungen der §§ 823 ff sind dagegen weitgehend verdrängt iRd Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Die §§ 989 ff enthalten eine Sonderregelung, die den gutgläubigen unverklagten Besitzer privilegieren, so daß insoweit das allgemeine Deliktsrecht nicht anwendbar ist, vgl § 993 I a.E.
    Eine Ausnahme gilt nur beim sog. Fremdbesitzerexzeß.


  3. Verletzung eines geschützten Rechtsgutes oder Rechts


  1. Handlung des Anspruchsgegners

    Der in Anspruch Genommene muß "gehandelt" haben. Unter Handlung versteht man ein menschliches Verhalten, das der Bewußtseinskontrolle und Willenslenkung unterliegt und somit beherrschbar ist. Damit sind nur solche Verhaltensweisen von dem Handlungsbegriff auszunehmen, bei denen es sich um nicht kontrollierbare Vprgänge handelt, wie zB Bewegungen eines Schlafenden, eines Bewußtlosen oder eines durch vis absoluta Gezwungenen.

    Der juristische Handlungsbegriff umfasst auch das Unterlassen. Für die Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens ist es gleichgültig, ob die Verletzung einer geschützten Rechtsposition durch ein positives Tun im Sinne eines nach außen erkennbaren Tätigwerdens oder durch das Unterlassen einer Handlung herbeigeführt wird.
    Bzgl der Voraussetzungen einer Rechts(guts)verletzung durch Unterlassen siehe hier!

  1. Haftungsbegründende Kausalität

    Die Handlung des Anspruchsgegners muß kausal für den eingetretenen Verletzungserfolg gewesen sein (haftungsbegründende Kausalität). Dies erfordert nicht nur die rein naturwissenschaftliche Kausalität, sondern daneben auch die wertende Zurechnung des Erfolges zur Handlung, da anderenfalls eine unerträgliche Erweiterung der Haftung einträte.


  2. Rechtswidrigkeit

    Verletzungen der in § 823 I genannten Rechtsgüter verpflichten nur dann zum Schadensersatz, wenn sie auch rechtswidrig sind, dh mit der geltenden Rechtsordnung nicht in Einklang stehen.
    Bei unmittelbaren Verletzungen der in § 823 I genannten Gütern (Ausnahmen: Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) ist die Rechtswidrigkeit indiziert, da § 823 I deren Verletzung unmittelbar verbietet.
    Bei mittelbaren Verletzungen ergibt sich die Indikation der Rechtswidrigkeit aus dem Verstoß gegen die entsprechende Verkehrspflicht (Gefahrvermeidungspflicht), die von der hM ebenfalls aus § 823 I abgeleitet wird. In diesen Fällen kann die Rechtswidrigkeit nur entfallen, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund vorliegt.


  3. Verschulden


  4. Rechtsfolge: Schadensersatz nach §§ 249 ff BGB

    Gemäß § 249 S.1 ist der Geschädigte so zustellen, als wäre das schädigende Ereignis (= die Pflichtverletzung) nicht eingetreten. Dieses Ziel des Schadensersatzes impliziert eine Kausalitätsbetrachtung: Es ist zu fragen, welche Veränderungen im Vermögen des Geschädigten kausal durch das haftungsbegründende Ereignis hervorgerufen worden sind. Diese haftungsausfüllende Kausalität besteht aus drei Stufen:

    1. Äquivalenztheorie

      Zunächst ist zu untersuchen, für welche Veränderungen im vermögensbestand des Geschädigten das haftungsbegründende Ereignis "conditio sine qua non" war. Dies geschieht durch eine Ermittlung der realen Vermögenslage des Geschädigten einerseits und der hypothetischen Vermögenslage, wie sie ohne das schädigende Ereignis wäre, andererseits (sog. Differenzhypothese).

    2. Adäquanztheorie

      Es sind die (äußerst selten) Fälle auszuscheiden, in denen die Folgen der Pflichtverletzung außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen, also auch für einen objektiven, mit allen Umständen vertrauten Beobachter nicht vorhersehbar waren.
      Besondere Schadensanlagen (zB der Verletzte ist Bluter) führen nicht zur Verneinung des Adäquanzzusammenhangs, da auch diese für einen optimalen Beobachter erkennbar und vorhersehbar sind.

    3. Normative Korrektur der Differenzhypothese durch Schutzzweck der Norm

      Die Durchführung der Differenzhypothese nach der Äquivalenz- und Adäquanztheorie führt zu einer wertungsfreien Betrachtung der Vermögensentwicklung des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses. In einigen Fällen sind die so gefundenen Ergebnisse allerdings nicht mit dem Zweck des Schadensersatzes bzw der haftungsbegründenden Norm vereinbar und bedürfen daher der Korrektur anhand normativer Maßstäbe:

      1. Korrektur der realen Lage: Vorteilsausgleichung

      1. Korrektur der hypothetischen Lage