Anwendbarkeit des allgemeinen Deliktsrechts
Die Ansprüche des allgemeinen Deliktsrechts der §§ 823 ff sind neben folgenden Instituten anwendbar:
Ansprüche nach dem StVG (§§ 7, 18 StVG), vgl § 16 StVG
Ansprüche aus Produkthaftung nach § 1 ProdHaftG, vgl § 15 II ProdHaftG
Ansprüche aus Gewährleistung (zB §§ 459 ff, 463, 635) wie überhaupt vertragliche SE-Ansprüche aus cic und pFV, denn allein das Bestehen eines vertraglichen Verhältnisses soll den Parteien den deliktischen Schutz nicht nehmen.
Gesetzliche Haftungsprivilegien, die für den vertraglichen Anspruch bestehen (zB §§ 521, 599, 690, 708, 1359, 1664) erfassen ihrem Sinn nach regelmäßig auch den deliktischen Anspruch. Denn anderenfalls würde sie ihren Zweck, die Freistellung des Schädigers, verfehlen.
Die Regelungen der §§ 823 ff sind dagegen weitgehend verdrängt iRd Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Die §§ 989 ff enthalten eine Sonderregelung, die den gutgläubigen unverklagten Besitzer privilegieren, so daß insoweit das allgemeine Deliktsrecht nicht anwendbar ist, vgl § 993 I a.E.
Eine Ausnahme gilt nur beim sog. Fremdbesitzerexzeß.
Verletzung eines geschützten Rechtsgutes oder Rechts
Leben, Körper und Gesundheit
Freiheit
Eigentum
Auch die bloße Behinderung des Eigentümers in dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache kann eine Eigentumsverletzung sein. Allerdings muß sich
die Veletzungshandlung objektiv auf die Benutzbarkeit der Sache und nicht nur auf die Dispositionsmöglichkeit des Eigentümers auswirken,
und es muß der bestimmungsgemäße Gebrauch der Sache unmittelbar entzogen sein. Allein die vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit reicht nicht aus.
Sonstige Rechte
Handlung des Anspruchsgegners
Der in Anspruch Genommene muß "gehandelt" haben. Unter Handlung versteht man ein menschliches Verhalten, das der Bewußtseinskontrolle und Willenslenkung unterliegt und somit beherrschbar ist. Damit sind nur solche Verhaltensweisen von dem Handlungsbegriff auszunehmen, bei denen es sich um nicht kontrollierbare Vprgänge handelt, wie zB Bewegungen eines Schlafenden, eines Bewußtlosen oder eines durch vis absoluta Gezwungenen.Haftungsbegründende Kausalität
Die Handlung des Anspruchsgegners muß kausal für den eingetretenen Verletzungserfolg gewesen sein (haftungsbegründende Kausalität). Dies erfordert nicht nur die rein naturwissenschaftliche Kausalität, sondern daneben auch die wertende Zurechnung des Erfolges zur Handlung, da anderenfalls eine unerträgliche Erweiterung der Haftung einträte.
Kausalität: Äquivalenztheorie (conditio sine qua non-Formel)
Adäquanztheorie
Schutzzweck der Norm
Bzgl der Zurechnung einer mittelbaren Verletzungshandlung siehe hier!
Rechtswidrigkeit
Verletzungen der in § 823 I genannten Rechtsgüter verpflichten nur dann zum Schadensersatz, wenn sie auch rechtswidrig sind, dh mit der geltenden Rechtsordnung nicht in Einklang stehen.
Bei unmittelbaren Verletzungen der in § 823 I genannten Gütern (Ausnahmen: Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) ist die Rechtswidrigkeit indiziert, da § 823 I deren Verletzung unmittelbar verbietet.
Bei mittelbaren Verletzungen ergibt sich die Indikation der Rechtswidrigkeit aus dem Verstoß gegen die entsprechende Verkehrspflicht (Gefahrvermeidungspflicht), die von der hM ebenfalls aus § 823 I abgeleitet wird. In diesen Fällen kann die Rechtswidrigkeit nur entfallen, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Verschulden
Rechtsfolge: Schadensersatz nach §§ 249 ff BGB
Gemäß § 249 S.1 ist der Geschädigte so zustellen, als wäre das schädigende Ereignis (= die Pflichtverletzung) nicht eingetreten. Dieses Ziel des Schadensersatzes impliziert eine Kausalitätsbetrachtung: Es ist zu fragen, welche Veränderungen im Vermögen des Geschädigten kausal durch das haftungsbegründende Ereignis hervorgerufen worden sind. Diese haftungsausfüllende Kausalität besteht aus drei Stufen:
Äquivalenztheorie
Zunächst ist zu untersuchen, für welche Veränderungen im vermögensbestand des Geschädigten das haftungsbegründende Ereignis "conditio sine qua non" war. Dies geschieht durch eine Ermittlung der realen Vermögenslage des Geschädigten einerseits und der hypothetischen Vermögenslage, wie sie ohne das schädigende Ereignis wäre, andererseits (sog. Differenzhypothese).
Adäquanztheorie
Es sind die (äußerst selten) Fälle auszuscheiden, in denen die Folgen der Pflichtverletzung außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen, also auch für einen objektiven, mit allen Umständen vertrauten Beobachter nicht vorhersehbar waren.
Besondere Schadensanlagen (zB der Verletzte ist Bluter) führen nicht zur Verneinung des Adäquanzzusammenhangs, da auch diese für einen optimalen Beobachter erkennbar und vorhersehbar sind.
Normative Korrektur der Differenzhypothese durch Schutzzweck der Norm
Die Durchführung der Differenzhypothese nach der Äquivalenz- und Adäquanztheorie führt zu einer wertungsfreien Betrachtung der Vermögensentwicklung des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses. In einigen Fällen sind die so gefundenen Ergebnisse allerdings nicht mit dem Zweck des Schadensersatzes bzw der haftungsbegründenden Norm vereinbar und bedürfen daher der Korrektur anhand normativer Maßstäbe:
Korrektur der realen Lage: Vorteilsausgleichung
das schädigende Ereignis muß zugleich auch das vorteilsstiftende Ereignis gewesen sein, dh der Vorteil muß jedenfalls nach der Äquivalenztheorie kausal durch das schadensstiftende Ereignis bedingt sein.
die Anrechnung darf dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes nicht widersprechen, dh sie muß dem Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unbillig entlasten.
Korrektur der hypothetischen Lage
(P) Berufung auf eine Reserveursache ("hypothetische Kausalität")
(P) Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten
(P) Ersatzfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, dh Kosten, die der Geschädigte bereits vor Eintritt des schädigenden Ereignisses aufgewendet hat, um sich vor diesem Schaden zu schützen.