Methodischer Hinweis: Einführung
1.
Schutzbereich
a) sachlich
Der Sachliche Schutzbereich des Art. 14 GG umfasst nicht nur den im BGB geltenden Eigentumsbegriff, als das dingliche Recht an einer Sache, sondern insofern weiter, alle eigentumsfähigen Positionen. Eigentumsfähige Position ist grundsätzlich jedes von Gesetzgeber nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger privatnützig zugeordnete konkrete vermögenswerte Recht, das auf Eigenleistungen beruht und der materiellen Grundlage persönlicher Freiheit dient.
BVerfGE 97, 350 - Masstricht
Die eigentumsfähigen Positionen lassen sich wie folgt unterteilen:
aa) privatrechtliche Positionen
Zu den schutzfähigen privatrechtlichen Positionen gehören alle vermögenswerten Rechte, die durch privatrechtliche Normen dem einzelnen so zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem Nutzen ausüben darf. Dh Neben dinglichen Rechten sind auch alle gesicherten Forderungen und Ansprüche vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfasst.
Die einzelnen geschützten Rechte:
Problem: eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb
bb) öffentlich-rechtliche Positionen
Öffentlich-rechtlich Positionen, wie zB Versicherungsleistungen, gehören unter bestimmten Voraussetzungen zu den geschützten Rechten:
- vermögenswerte Rechtsposition muss privatnützig zugeordnet sein;
- die Position muss auf eigener Leistung beruhen;
- sie muss der Existenzsicherung des Rechtsinhabers zu dienen bestimmt sein.
Somit zählen Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherungen zu den geschützten Positionen.
BVerfGE 100, 1 – DDR-Renten
BVerfGE 69, 272 – Krankenversicherungs-
Kostendämpfungsgesetz
cc) Vermögen und Geldleistungspflichten
Das Vermögen als solches genießt keinen Schutz nach Art. 14 GG. Durch die Auferlegung einer Abgabepflicht werden nämlich konkrete Eigentumsrechte nicht berührt. Schließlich werden weder die bestehenden Nutzungsbefugnisse verkürzt noch Ausschließungsbefugnisse verkleinert.
st
Rspr; zuletzt BVerfGE 95, 267 – Altschulden der LPG
Ausnahme: erdrosselnde Steuern
Ausnahme: konsolidiertes Vermögen
b) personell
Grundrechtsträger ist jedermann, also jede natürliche Person, bzw jede juristische Person des Privatrechts oder einer anderen Personenvereinigung.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auf das Grundrecht nicht berufen.
2. Eingriffe
Eingriffe in die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG werden unterschieden in Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 I 2 GG) und Enteignungen (Art. 14 III GG). Diese beiden Eingriffsformen sind abschließend, dh andere Eingriffe kommen nicht in Betracht, und schließen sich gegenseitig aus, weshalb sie streng getrennt werden müssen.
a) Inhalts-
und Schrankenbestimmungen (Art. 14 I 2 GG)
Unter einer Inhalts- und Schrankenbestimmung iSd Art. 14 I 2 GG ist die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn anerkannt sind, zu verstehen.
BVerfGE 52, 1 – Kleingartenentscheidung
Danach sind Eingriffe durch förmliche Gesetze oder Rechtsverordnungen möglich. Daneben kann aber auch durch eine konkrete Maßnahme im Einzelfall, also einen Verwaltungsakt, ein Eingriff erfolgen (BVerwG - Herrschinger Moos).
Zu beachten ist dabei, das selbst eine über das zulässige Maß hinaus gehende, den Betroffenen äußerst belastende Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht in eine Enteignung umschlägt. (siehe Staatshaftungsrecht: ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung).
b) Enteignungen
(Art. 14 III GG)
Eine Enteignung ist nach dem formalisierten Enteignungsbegriff eine auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen iSd Art. 14 I GG zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtete Maßnahme.
BVerfGE 56, 249 – Gondelbahn
Darüber hinaus muss es dabei nach ganz hM zu einem Güterbeschaffungsvorgang auf Seiten des Staates kommen.
Enteignungen können unmittelbar durch Gesetz (Legalenteignungen) oder aufgrund eines Gesetzes (Administrativenteignung) erfolgen.
3. Schranken
a) Schranken der Inhalts- und Schrankenbestimmungen
aa) Ausgleichsgebot
Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iSd Art. 14 I 2 hat der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Insbesondere darf der Kernbereich des Eigentumsrechts nicht ausgehöhlt werden.
BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz
BVerfGE 68, 361 – Eigenbedarfkündigung I
bb) Kompensationsgebot
Bei unangemessenen Verkürzungen der Eigentumsrechte können Übergangsvorschriften oder Entschädigungen notwendig sein, was sich in erster Linie aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt.
BVerfGE 58, 300 – Nassauskiesung
cc) Vertrauensschutz
Der Vertrauensschutz hat im Bereich des Eigentums einen herausragenden Stellenwert, weshalb angemessene Übergangsvorschriften geschaffen werden müssen, damit dem Bürger die Disposition und Berechenbarkeit des Eigentums verbleibt.
b) Schranken
der Enteignung
aa) Allgemeinwohlbedürfnis
Voraussetzung einer Enteignung ist, dass sie zum Wohle der Allgemeinheit erfolgen muss. Es muss also ein konkretisierter öffentlicher Zweck verfolgt werden. Im Hinblick auf das ultima ratio Prinzip des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes muss ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit vorliegen weshalb keine andern Maßnahmen nicht so geeignet wären.
BVerfGE 24, 367 – Hamburgisches Deichordnungsgesetz
bb) Junktimklausel
Ein enteignendes Gesetz muss der Junktimklausel entsprechen, die vorschreibt, dass das Gesetz Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.
BVerfGE 46, 268 – Bodenreformentschädigung
Eine sog salvatorische Entschädigungsklausel, die allgemein für den Fall einer Enteignung eine „angemessene Entschädigung“ zuspricht, genügt nicht.
dd) Legalenteignung
Eine Legalenteignung ist für den Betroffenen weit eingreifender, als eine Administrativenteignung, weil der Rechtsschutz praktisch auf die Verfassungsbeschwerde begrenzt ist.
Deshalb ist eine solche nur unter bestimmten Voraussetzungen, wenn besondere Eile und Effektivität notwendig ist zulässig.
BVerfGE 24, 367 - Hamburgisches Deichordnungsgesetz
ee) Administrativenteignung
Der Exekutivakt muss auf einem rechtmäßigem Gesetz beruhen und seinerseits insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit rechtmäßig sein.